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Kirchengarten zu St. Katharinen in Oppenheim

Liebe Besucherin, lieber Besucher,

warum lieben wir alle es, im Garten zu sein? Warum haben wir es gern, Vogelgezwitscher und das Summen der Bienen zu hören, den Duft von frisch geschnittenem Gras einzuatmen? Ist das ein Echo vielleicht und ein Gruß aus dem Garten Eden? Immerhin ist der Garten ein Raum, wo man sich treffen kann, um über Gott und die Welt zu sprechen. Besonders ein Kirchengarten. Er kann aber auch selbst Themen zum Nachdenken und Gespräch liefern – so kann man bei uns an der Katharinenkirche sehen, wie ein naturfreundlicher Garten funktioniert. Wir freuen uns, Besucher von der Schönheit solcher Gärten zu überzeugen und zu zeigen, wie viele heimische Pflanzen im Garten gedeihen können und als Teil der Schöpfung bewahrt werden können.

Foto 1

Die heutige Gartenfläche an der Katharinenkirche wurde seit der Jahrhunderten sehr unterschiedlich genutzt: Als Friedhof zum Beispiel oder als Gemüsegarten. Im 19. Jahrhundert gab es hier einen historischen Park mit Rosen, Bauernjasmin und Fliederbüschen, wo man Blumen für den Altarschmuck schneiden konnte. In seiner heutigen Form wurde der Garten in den Jahren 2006-2007 von dem Landschaftsbüro Junker-Mielke gestaltet. Er sollte schön und pflegeleicht sein, mit vielen bodendeckenden Stauden und Sträuchern, die kaum alljährlichen Schnitt brauchen.

Foto 2

Leider haben wir hier, in Rheinland-Pfalz, in der letzten Jahren sehr hautnah gespürt, was der Klimawandel bedeutet. Viele Pflanzen haben sich wegen immer öfter kommender trockener Sommer verabschiedet, weshalb die Idee aufkam, die Pflanzung mit trockenheitstoleranten Pflanzen zu ergänzen. Viele dieser wilden Pflanzen sind besonders beliebt bei Insekten. So entstand nach und nach das Konzept für unseren Garten. Es besteht praktisch aus drei Teilen:

1. bestehende Pflanzung naturfreundlich ergänzen 

2. den Garten naturfreundlich und nachhaltig pflegen 

3. die Menschen, die in den Garten kommen, von der Idee des Naturschutzes und der Schönheit einer naturnahen Gartens zu begeistern  

Als besonders trockenheitstolerant haben sich bei uns manche mediterrane Pflanzen bewährt, sowie auch Pflanzen aus Südost-Europa, welche auch unsere Winter gut überstehen, die noch manchmal mit Frost überraschen können. Manche dieser Pflanzen sind bei Insekten sehr beliebt. 

Foto 3 Auf dem Hochbeet sieht es in Frühjahr ja fast aus wie irgendwo auf dem Balkan.

Foto 4 Ein Distelfalter stärkt sich an einer Spornblume.

Foto 5

Natürlich sind bei uns auch heimische Pflanzen präsent. Praktisch alle heimischen Blütenpflanzen sind insektenfreundlich, und es gibt eine oder mehrere Insektenarten, die auf jede Pflanze angewiesen sind. Manche von diesen Pflanzen stehen unter Naturschutz und sind in der Roten Listen gefährdeter Arten eingetragen. Im Kirchgarten haben wir auch drei Arten, die Bestandteil des Programms "Erhalten gefährdeter Pflanzen" sind, diese haben wir aus dem Botanischen Garten Mainz bekommen.

Foto 6 Die Graue Anemone blüht in der Hitze des Hochsommers und liefert damit wichtige Nahrung für die Insekten.

Foto 7 Die Pfingst-Nelke ist eine „Art nationaler Verantwortlichkeit Deutschlands”. 

Foto 8 Eine Große Kuhschelle.

Meine besondere Vorliebe sind Zwiebelpflanzen, die zur sogenannten Weinbergsflora gehören. Das sind Pflanzen meist mediterraner Herkunft, die bereits im Mittelalter mit dem Weinbau hierher gebracht wurden. Bis in die 1970er-Jahre schmückten diese Pflanzen Weinberge im Frühling und profitierten von der jahrhundertelang gleichbleibenden, manuellen Hackbewirtschaftung der Rebgassen. Außerhalb der Weinberge kamen diese stark angepassten Arten so gut wie nicht vor. Durch den Einsatz von Fräsen und verstärkten Herbizideinsatz landeten alle diese Arten auf der Roten Liste. Einige dieser regionalspezifischen, geschützten Pflanzarten, die wir im Kirchgarten haben, sind die Weinbergs-Traubenhyazinthe, die Weinbergs-Tulpe, der Nickende Milchstern, die Schopfige Traubenhyazinthe und der Ackergoldstern. 

Foto 9 Der Nickende Milchstern ist angeblich im Mittelalter aus den Burggärten in die Weinberge „ausgewandert“. 

Foto10  Die Weinbergs-Tulpe kam mit den Weinreben in die Weinberge

Foto11  Die Schopfige Traubenhyazinthen zeigen ihre skurrilen Blütentrauben ziemlich spät im Frühjahr.

Im Winter hat der Garten auch etwas zu bieten: dank mildem Klima gedeihen hier immergrüne Pflanzen, so dass er niemals leer wirkt. Vor einigen Jahren habe ich bewusst angefangen, hier Pflanzen einzuführen, die im Winter blühen. Außer bekannten Schneeglöckchen wachsen hier auch sehr früh blühende Sieber-Krokusse, die Chinesische Winterblüte, die Winter-Heckenkirsche, die heimische Palmblatt-Schneerose und Mahonie. Manche dieser Pflanzen duften auch sehr schön. Die Pflanzen, die zu Beginn des Frühjahrs blühen, sind auch für Bienen sehr wichtig und dienen als erste Nahrungsquelle. 

Foto 12  Die Palmblatt-Schneerose.

Foto 13  Die Chinesische Winterblüte.

Foto 14 Schnee und Frost sind eher selten bei uns...

Wir haben hier also eine bewusst naturfreundliche Pflanzung. Auch die Pflege des Gartens wird maximal naturfreundlich und nachhaltig gestaltet:

- jäten und mulchen in einem Gang

- kompostieren

      

- im Frühjahr beschnittene Stauden werden auch als Mulch benutzt

- standortgerecht pflanzen. Das heißt jede Pflanze bekommt eine passende Stelle, was u.a. den Bedarf zu gießen minimiert.

- eigene Pflanzen als Ersatz für alte Pflanzen benutzen

- Pflanzen aus Samen ziehen

- im Garten werden keine Pflanzenschutzmittel benutzt. Nicht nur aus ideologischen Gründen – in einem gesunden Ökosystem gibt es dafür einfach keinen Bedarf. 

Foto 15 Staudensamen werden oft schon in der Winter gesät.

Foto 16 Mulchen – mit dem Blüten der verschwenderisch reich blühende Rotdorn.

Foto 17 Die Blütenkirche.

Kapellengarten.

In den Jahren 2006-2007 wurde von der Landschaftsfirma Junker-Mielke auch an der Michaelskapelle ein Garten angelegt und nach Tradition eines Klostergartens gestaltet. Hier muss man sagen: In Europa existieren keine originalen mittelalterlichen Gärten mehr. Wir sind auf schriftliches Material und auf Gemälde angewiesen, wenn wir mehr über die Gartenkultur dieser Zeit erfahren wollen. Wir wissen, dass die Wege eines Klostergartens in Kreuzform ausgerichtet waren, mit einem "Brunnen des Lebens" in der Mitte. Fast jede Pflanze im Garten hatte nicht nur eine praktische Bedeutung, zum Beispiel als Heilkraut oder als Obstbaum, sondern auch eine symbolische, mystische Bedeutung. Unser Kapellengarten wird liebevoll von Oppenheimer Bürgermeisterin Silke Rautenberg und ihrem Ehemann Peter Schön gepflegt.

Foto18 Schwertlilie - Im frühen Mittelalter galt die Iris noch als Emblem Christi und seiner Erlösung, im Hoch- und Spätmittelalter wurde sie immer mehr zum Symbol der Muttergottes. "Wie das Blatt der Schwertlilie hat auch Maria sehr scharfe Schneiden, das ist der Schmerz des Herzens über das Leiden des Sohnes und die standhafte Abwehr gegen alle List und Gewalt des Teufels.“ (schrieb heilige Brigitta von Schweden (1303 – 1373))

Foto19 Akelei – gilt als Pflanze des Heiliges Geistes. Sehen Sie auch Tauben in einer Runde sitzend?

Foto20 Der Akanthus symbolisierte das Leid und die Gewissensqual des Menschen nach dem Sündenfall. So standen seine fleischigen, üppig wachsenden Blätter für die Sünden des Fleisches, seine kleinen Dornen symbolisierten das Streben nach äußeren Reichtümern und Sinneslust.

Foto21 Das Echte Herzgespann (Leonurus cardiaca), auch Löwenschwanz genannt, ist eine alte Arznei-Pflanze. Sie wird auch heute noch besonders bei psychosomatischen Herzbeschwerden eingesetzt. In der Natur ist die Pflanze selten geworden. 

Foto22 Rote Rose (Rosa gallica) gilt als Symbol für Marias Anteils am Passionsleiden. Bei uns wächst R. gallica "Officinalis" – Apothekerrose.

Foto23

Öffentlichkeitsarbeit ist ein wichtiger Teil des Gartenslebens. Über das Geschehen im Kirchgarten informiere ich im Gemeindebrief. Es werden bei uns Projekte durchgeführt und Führungen organisiert.

Foto 24 Zwei "Konfirmanden-Kübel" mit heimischen und insektenfreundlichen Pflanzen entstanden im Rahmen eines LEADER-Projektes.

Foto 25 Es gibt im Kirchgarten immer etwas zu entdecken. Bienengetümmel am Kalifornischen Baummohn -

Foto 26 – oder riesige Blaue Holzbienen – die größte heimische Bienenart. 

Foto 27 Eine dynamische Pflanzgemeinschaft am Hochbeet mit trockenheitsresistenten Pflanzen – im Juli mal im Silber.

Anna Packeiser, Gärtnerin

Bei Interesse an einer Gartenführung bitte an das Gemeindebüro wenden. 

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